Türen nicht einfach wegsanieren
Main Post, 15. Juni 2006
Eine Ausstellung, die Türen und Türbeschläge in den Mittelpunkt stellt?
Der Kulturhistorische Kreis Dettelbach hat daraus eine spannende Angelegenheit gemacht.
So in etwa hat sich die Geschichte zugetragen: Nele Hartlieb kommt nach Hause und stutzt. Ihre schmucke grüne Haustür ist nicht mehr da, wo sie hingehört. Vor dem Loch steht ein Provisorium und darauf steht "Heute geschlossen - bin im Rathaus". Das ist nicht allzu weit entfernt. Im alten Dettelbacher Rathaus ist am Mittwochabend zum Weinfest die Ausstellung des Kulturhistorischen Kreises mit historischen Türen und Türbeschlägen eröffnet worden. Und weil die grüne Tür seiner Tochter Nele wirklich hübsch und keine von der Stange ist, hat sie Kunstschreiner Lothar Hartlieb als Schau-Objekt mitgenommen. Dort steht sie gemeinsam mit knapp 20 anderen bis Sonntagabend in einem Dreiviertel-Kreis im Bürgersaal. Hartliebs Freund, der Kunstschmied Raimund Sauer, hat unter anderem Beschläge und Schlösser mitgebracht.
Das, was die beiden unter der Überschrift "Wo der Zimmermann ein Loch gelassen hat" präsentieren, macht aufmerksam auf handwerkliche Meisterschaft. In einer Zeit, in der der Wohnzimmerschrank nach zehn Jahren zum Sperrmüll kommt, ist eine 800 Jahre alte Eichentür im Grunde eine Sensation. Hartlieb und Sauer brauchten bei der Ausstellungseröffnung keine Redemanuskripte. Sie präsentierten eine lebendige kunsthistorische Lehrstunde. Sie kitzelten das Bewusstsein für die Wertigkeit von Türen und Türbeschlägen als Kulturgüter wach. "Wir wollen Ihnen die Augen öffnen, schauen Sie hin", sagte Hartlieb.
Dettelbachs Bürgermeister Reinhold Kuhn und der Vize-Landrat Lothar Volz gehörten zu jenen, die das gerne taten. Beide betonten unisono, dass "Kunst und Handwerk einfach zusammengehören". "Eine Tür ist viel mehr als ein Schutzschild und ein Begrüßungskomitee", sagte Karl Petersilka, der Vorsitzende des Kulturhistorischen Kreises mit seinen rund 150 Mitgliedern. Vor allem ist sie erhaltenswert. Lothar Hartlieb warb leidenschaftlich dafür, sich darum zu kümmern, dass der historische Türbestand nicht in Bausch und Bogen wegsaniert wird. Er schlug eine Bestandsaufnahme der historischen Türen und Beschläge in Dettelbach und Umgebung vor. "Das ist mir ein großes Anliegen."
"Können Sie aus dem Stand heraus Ihre Haustür zeichnen?", hatte Lothar Hartlieb am Mittwochabend gefragt. Viele hatten mit den Schultern gezuckt. Aber eines ist sicher: Sie alle haben beim Nachhausekommen bestimmt ganz genau hingeschaut.