Besuch des Neumünsters in Würzburg

Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wurde die Würzburger Neumünsterkirche am 24. Juni 2009, dem Hochfest des heiligen Johannes, wieder eröffnet. Am 24. Juli 2009 hatten Kultur- und Kommunikationszentrum KuK und Kulturhistorischer Kreis KHK interessierte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dettelbach dazu eingeladen, sich diesen kunstgeschichtlich bedeutsamen Kirchenbau vom Kunstreferenten der Diözese, Domkapitular Dr. J. Lenssen, präsentieren zu lassen.

Zum Besuch des Neumünsters zu Würzburg sei dem Leser zunächst unter www.neumuenster-wuerzburg.de ein virtueller Rundgang empfohlen. Als Besucher sollte man das barocke Kuppelfresko – die Verherrlichung der Dreifaltigkeit durch die Heiligen der Kirche ( Nikolaus Stuber 1736 ) – erleben. Unwillkürlich wird der Blick des Besuchers auch über die Büsten der Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan ( Heinz Schiestl 1910 ) hinweg zur Apsis und hinterem Chorbogen gelenkt. Dort erstrahlt im Licht der Morgensonne die apokalyptische Madonnna in überirdischem Glanz.

 


 

Zur Geschichte des Neumünsters

Das Neumünster ist die Grabeskirche der Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan - geheiligter Boden seit mehr als 1300 Jahren. Das heutige Erscheinungsbild dieser Kirche – Barockfassade und Kuppelbau – wurde ab 1725 von Josef Greising geschaffen, die Barockisierung des Innenraumes durch die Brüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann.

Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges erlitt auch das Neumünster erhebliche Bauschäden und viele Kunstwerke wurden dabei zerstört. Der Kirchenraum konnte unmittelbar nach dem Krieg wieder hergestellt werden und diente bis zur Wieder-herstellung des Domes ( 1967 ) als Kathedrale der Diözese Würzburg.

Die große Renovierung ( 2007 - 2009 ) war von der Zielsetzung bestimmt, das Konzept  barocker Raumgestaltung der Gebrüder Zimmermann nach Befund wieder erstehen zu lassen. In Anlehnung an die Absicht vor 300 Jahren, das Neumünster im zeitgenössischen Stil zu gestalten, wurden bei dieser Renovierung nach der Konzeption von Domkapitular Dr. J. Lenssen einzelne Raumpartien neu definiert und gestaltet, sowie moderne Kunstwerke in den Kirchenraum eingebracht.
Sie dokumentieren die Lebendigkeit dieses „Herzens der Diözese“.
Die "Verschränkung von Kunst und Spiritualität" ist nach Ansicht des Dompfarrers Dr. J. Vorndran  
das herausragende Merkmal der renovierten Neumünsterkirche.
„Verlebendigung des Raumes“ –  so hat Dr. Lenssen sein Konzept zur Neugestaltung dieses Kirchen-raumes genannt und diese barocke Raumgestalt ist wohl gelungen – mit durchgängig hellstem Grau, das die Stuckdecken des Mittelschiffes, der Querhäuser und des Chores in feierlicher Helligkeit erstrahlen lässt. Von den acht Gemälden von J.B. Zimmermann mit Passionsszenen über den Mittelschiffarkaden sind nach dem Brand von 1945 nur zwei erhalten geblieben.
Nachdem die Passionsthematik schon durch die in den Seitenschiffen hängenden Gemälde aus Kitzingen dargestellt wird, konnte der Künstler Thomas Lange ( * 1957 in Berlin ) beauftragt werden, acht Gemälde mit Schlüsselszenen des Johannes-Evangeliums zu schaffen, um auf diese Weise an den Patron des Neumünsters anzuknüpfen.
Der „Seewandel“ oder „Die Auferweckung des Lazarus“ aus dem Johannes-Evangelium von Thomas Lange sind wunderbar gelungene Werke moderner Kunst im historischen Raum. Uns Dettelbachern ist Thomas Lange bereits wohl bekannt mit seinen Jakobus-Lithographien, übermalt mit Motiven von Riemenschneider-Skulpturen, die in unserem Museum Pilger und Wallfahrer in Dettelbach ihren Platz gefunden haben.

Beibehalten wurden die Orte des gotischen Schmerzensmann-Kreuzes mit den verschränkten Armen ( um 1350 ) im Kuppelraum sowie die Madonna aus der Werkstatt Tilman Riemenschneiders ( 1493 ).

Für die Gestaltung der breit gelagerten Rückwandflächen des Chorgestühls konnten zwei monumentale Bildwerke von Hann Trier ( 1915 – 1999 ) „...den Wald vor lauter Bäumen“ ( 1997 ) im rechten Querhaus und der „Tanz der Undankbaren“ ( 1993 ) für das linke Querhaus erworben werden.

Im linken Seitenschiff fand der „Lebensbaum“ des Bildhauers Lothar Forster ( 1933 – 1992 ) aus Würzburg seinen Platz. Dieses aus Muschelkalk gefertigte Werk trägt nun die Skulpturen der hll. Burkard und Bonifatius aus der Zeit der späten fränkischen Renaissance und mittig einen Reliquienschrein mit Partikeln vieler Heiliger.

Im Zentrum der Kiliansgruft, dem Ort des Martyriums der Frankenapostel, steht der frühgotische Kastenaltar ( um 1250 ) mit dem hausförmigen Kiliansschrein, der nach dem theologischen Bildprogramm von Bischof Dr. Paul-Werner Scheele von Gerhard Heinrich Bücker Mitte der 1980er Jahre geschaffen wurde.

Das sog. Kiliansgrab, der Sarkophag aus dem 8. Jahrhundert, von dem die Kiliansverehrung in Franken ihren Anfang nahm, fand hinter dem Kastenaltar seinen zentralen Platz vor der Ostwand, die mit dem „Triumphator“, einem Gemälde von Michael Triegel ( *1968 in Erfurt ) beeindruckt. In der Kunst Michael Triegels sind Tradition und Moderne miteinander verschmolzen. Gerhard Lindner schreibt über ihn: „Michael Triegel geht es nicht um eine Restauration des Vergangenen, sondern um eine Renaissance von Werten, die eine neue metaphysische Sinngebung verheißt.“

Die Kunstsammlung der Diözese weist bereits viele Werke dieses Künstlers auf. Vor dem „Triumphator“ in der Kiliansgruft hat Herr Dr. Lenssen auch darauf verwiesen, dass Michael Triegel beauftragt worden ist, sich mit dem Leben des hl. Augustinus, dem Patron der Pfarrkirche Dettelbach, künstlerisch auseinander zu setzen. Im Hinblick auf die Innenrenovierung unserer Kirche hatten wir diese Nachricht mit freudiger Erwartung vernommen.