"Kirchen unserer Ortsteile"

24. März 2012 - Schernau

Das 1802 erbaute Gotteshaus im markgräflichen Stil beeindruckte die Besucher durch seine farblich sehr harmonische, vornehme und anheimelnde Innenausstattung aus der Zeit des Klassizismus. Lothar Voltz, Pfr. Ulrich Vogel und Dr. Hans Bauer brachten den ca. 40 Teilnehmern auf unterhaltsame Weise Geschichte und Geschichten über dieses Bauwerk und seine Gemeinde näher. Auf der wunderbar weich klingenden Strebel-Orgel ließ Werner Voltz u.a. mit Werken von Bach und Mendelssohn-Bartholdy die Führung ausklingen.
Anschließend saß man noch gemütlich im Sportlerheim zusammen.

 


 

Weitere Informationen über die Kirche

SCHERNAU, eine fränkische Gründung (um 700) war im Laufe seiner langen Geschichte unterschiedlichen Herren untertan, u.a. dem Kloster Kitzingen, den Herren v. Seinsheim und dem Markgrafen von Ansbach. Dieser führte 1578/79 die Reformation ein. In den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs fiel der Ort an die Freiherren v. Künßberg, die Schernau zu rekatholisieren versuchten. 1624, so die ungesicherte Überlieferung, soll aber die überwiegende Zahl der Bewohner protestantisch gewesen sein. 1776 fiel Schernau im Erbgang an die Barone de Roman. Seit 1976 ist Schernau ein Stadtteil von Dettelbach.

DIE SIMULTANKIRCHE ST. ANDREAS
1802 wurde ein älteres Gotteshaus abgebrochen, von dem keine besonderen Nachrichten erhalten sind. Die neue Kirche wurde von dem Wiesentheider Baumeister Thaddäus Dückelmann errichtet, 1803 fertig gestellt und eingeweiht.

Die Inschrift über dem Eingang lautet: „Gott dem Schöpfer aller Welten und Vater der Menschen wurde dieser Tempel zu seiner Anbethung im Geist und in der Wahrheit gewidmet von seinen Verehrern zu Schernau. 1802.“

Die Fassade mit dem achtseitigen Turmaufsatz zeigt die verbreitete Gliederung evangelischer Landkirchen jener Zeit und ist in hohem Maße den Kirchenbauten von Possenheim und Castell vergleichbar. Die Absicht einer repräsentativen Wirkung kommt trotz des eingeschränkten Vorplatzes zur Geltung.

Der vornehme INNENRAUM ist von beeindruckender Würde. Das tiefe Blau der hölzernen Einbauten beherrscht die Raumwirkung. Die Empore verläuft dreiseitig und einstöckig; in den Kassettenfeldern der Nordseite haben sich neun Bilder der Apostel erhalten.

Der ALTAR soll aus der säkularisierten Neumann-Basilika Münsterschwarzach stammen und in das Kloster Heidenfeld nahe Schweinfurt gelangt sein, ehe sie für die neuerbaute Schernauer Kirche erworben wurde. Der Säulenaufbau ist in klassizistischer Manier gestaltet.

Dass der Altar aus Münsterschwarzach stammt, ist wegen seiner stilistischen Ausprägung sehr unwahrscheinlich. Dies umso mehr, als der Neumann-Experte Dr. Erich Schneider (Schweinfurt), der über die Basilika seine Doktorarbeit geschrieben und die Ausstattung anhand schriftlicher und bildlicher Quellen rekonstruiert hat, diese Vermutung nicht bestätigt.

Wesentlich wahrscheinlicher ist die Herkunft aus dem Augustinerkloster Heidenfeld. Die dortige Kirche wurde 1783 von dem Stuckateur Materno Bossi ausgestattet. Das Kloster wurde 1803 aufgelöst, die Ausstattung auf viele Gemeinden verteilt.

Rechts des Altars befindet sich der HERRENSTAND der Freiherren v. Roman, ein Kabinett mit Holzgittern und Familienwappen.
Weiter hinten, neben der Sakristeitüre, steht der kleinere „Pfarrerstand“, der heute nicht mehr benutzt wird.
Ein dritter, der „Gemeinderatsstand“ für die Honoratioren des Dorfes befand sich früher unterhalb der Kanzel.

Im Herrenstand der v. Roman befindet sich ein Gedächtnisstein, der an den Begründer der Schernauer Linie Philipp Joachim Freiherrn v. Roman (1702-1786) und seine Ehefrau Sophia Juliana geb. v. Brüggen (1721-1801) erinnert.

Die KANZEL mit den Figuren der vier Evangelisten und zwei musizierenden Engeln könnte aus der Vorgängerkirche stammen – hier sind sich die Ortschronisten uneinig - und sei auf die Mitte des 18. Jh. zu datieren. Konsole und dekorativer Aufbau entsprechen jedoch der stilistischen Prägung des Altars. Das Lamm auf dem Buch mit den Siegeln ist der obere Abschluss des Aufsatzes (Offenbarung des Johannes 5,1-5).

Der alte TAUFSTEIN aus rotem Sandstein trägt eine Stifterinschrift: „IOHAN JACOB MUNCH MARIA ANNA CATHARINA 1709.“ Stifter waren der damalige Pfarrer Münch und seine Ehefrau.

Der KRONLEUCHTER (Gebr. Fangs aus Schweden) und die Wandleuchter sind Stiftungen des Konfirmantenjahrgangs 1977/78.

Eine ältere ORGEL wird in der Kirchenrechnung von 1702 erwähnt. 1764 gab die Kirchengemeinde bei dem Orgelbauer Johann Michael Voit aus Schweinfurt eine neue Orgel in Auftrag, die 1766 eingebaut wurde.

Die Orgel, etwas verdeckt durch den Altaraufbau, wurde 1902 von dem Nürnberger Orgelbauer Johannes Strebel erneuert. Es ist eine der wenigen Strebel-Orgeln im weiten Umkreis. In der Fachliteratur wird die Schernauer Orgel als „eines der wenigen, weitestgehend original erhaltenen Zeugnisse des Schaffens von St rebel und damit ein würdiges Denkmal des fränkischen Orgelbaus zum Beginn des 20. Jahrhunderts darstellt.“

Die Vorgängerorgel von 1766 aus der Werkstatt von Johann Michael Voit war nicht mehr zu reparieren gewesen. Der dreisäulige Orgelprospekt wurde übernommen; er zeigt die weit verbreiteten Akanthusdekorationen.

Das SIMULTANEUM stammt aus dem Jahre 1650, wo im sog. „Deputationsschluss“ festgelegt wurde, dass der katholische Pfarrer von Euerfeld einmal im Jahr mit den Katholiken von Schernau und Euerfeld in der Schernauer Kirche die Messe feiern darf, und zwar am Namenstag des hl. Andreas (30. November).

Zur simultanen Nutzung der Kirche durch beide Konfessionen gehörte lange Zeit auch die Gepflogenheit, dass Wallfahrer, die nach Dettelbach pilgerten oder von dort kamen, in Schernau in der Kirche einkehrten und Gottesdienst hielten. Für die Jahre 1624 und 1710 sind heftige Auseinandersetzungen überliefert, die sich zwischen den Schernauern und durchziehenden Wallfahrern ereigneten.